Mittwoch, 24. August 2011

Weniger Deutsch und Mathe, mehr Soft Skills?


In der SZ vom 24. August 2011 kommentiert Ulrich Schäfer im Münchenteil unter der Überschrift "Lehrlinge gesucht" den Mangel an Auszubildenden. Er meint, es reiche nicht, dass die Zeugnisnoten von Ausbildungsplatzbewerbern stimmen, die Unternehmen würden vielmehr zusehends auf die sozialen Kompetenzen achten, die die Bewerber mitbringen.
Ob das so stimmt, sei dahingestellt.
Meines Wissens sind gute Noten vor allem in den Fächern Deutsch, Mathe, PCB und GSE nach wie vor unabdingbar, einen Beruf erlernen zu können, der einem später auch ein menschenwürdiges Aus(Ein)kommen ermöglicht.
Nun ist es allerdings so, dass in Bayern in der Hauptschule in den 90er Jahren neben umfangreichen Kürzungen in der Stundentafel - das Fach Erziehungskunde wurde ersatzlos gestrichen, Physik, Chemie und Biologie wurden zum Fach PCB zusammen gelegt, ebenso Geschichte, Sozialkunde und Erdkunde zu GSE, was unter dem Strich eine Riesensparmaßnahme war - sowohl in Mathematik als auch in Deutsch in der 8. bzw. 9. Klasse je eine Stunde wegrationalisiert wurde.
Darüber sollte man einmal in aller Ruhe nachdenken.
Es ist ja beileibe nicht so, dass sich unsere Schüler in Deutsch oder Mathematik besonders leicht tun. Jede fehlende Stunde in diesen Fächern macht sich schmerzhaft bemerkbar. Berufsschulen und Ausbildungsbetriebe klagen ihrerseits schon lange, dass die Hauptschule ihnen immer schlechter ausgebildete Jugendliche übergebe.
Zu den Sozialkompetenzen: Diese sollen bekanntlich vor allem im handlungsorientierten Unterricht geschult werden.
Und sie sollen jetzt mehr geschult werden als bisher. Was das überhaupt ist? Es fallen Eigenschaften wie Empathie, Konflikt- und Kritikfähigkeit, interkulturelle und Networking-Kompetenz, nonverbale Sensibilität und Motivierungsvermögen darunter. Dafür gibt es kein Schulfach. Sollen wir Stunden aus dem amtlichen Lehrplan umwidmen und in diesen Soft Skills unterrichten?
Nein.
Gebt den Schulen mehr Stunden.
Dann können sie Streitschlichter und Klassensprecher ausbilden. Dann können sie den Schulgarten umgraben, eine Schülerzeitung schreiben, Karate üben, Theater spielen und Vorlese-AGs gründen. Dann gibt es Schülerbands, Chöre und Trommelgruppen am Nachmittag. Die Schüler kommen gerne für diese Angebote.
Und wir haben beinahe die Ganztagesschule eingeführt, hintenrum, ohne externe Kooperationspartner.
Es fehlt nur noch das gemeinsame Mittagessen in der Schule.

2 Kommentare:

  1. Auch wenn sich das Namensschild an der Tür geändert hat, so bleiben es doch diesselben Menschen, Lehrer, Schüler und Eltern. Und die dieselben Probleme.
    Als Mutter bin ich der Meinung, dass man gerade vieles aus den Soft Skills nicht an die Lehrer abschieben sollte. Rücksicht, Respekt, Empathie und das fehlerfreie Essen mit Messer und Gabel fallen eindeutig in die Belange des Elternhauses.
    Bitte berichten Sie weiterhin, wie es bei Ihnen so geht - ohne die Hauptschule. Vielleicht steht uns das bald auch in Niedersachsen bevor.

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  2. "Es ist ja beileibe nicht so, dass sich unsere Schüler in Deutsch oder Mathematik besonders leicht tun."
    Das scheint mir doch der Kernsatz zu sein, um diesem "Missstand" Abhilfe zu schaffen, genügt es jedoch nicht, Stunden zu kürzen, man muss auch die Lehrpläne gründlich überarbeiten.
    Dies ist jedoch eine Arbeit, die in der Antike Menschen wie Sisyphos überlassen wurde: es gibt halt zu viele "Interessengruppen", die das Abschneiden des einen oder anderen Zopfes verhindern.
    Keine guten Aussichten, aber die Hoffnung stirbt bekanntermassen zuletzt.
    Ob man das Ganze (altväterlich) soziale Kompetenz oder (neudeutsch) Soft Skills nennt, ist doch unerheblich, wichtig ist doch nur die Tatsache, dass die Grundlage für die Fähigkeiten, sich im zwischenmenschlichen Bereich zu bewegen, ausschliesslich in der Familie gelegt wird. "Die Schule" muss jedoch die im "Privaten" erlangten Fähigkeiten ausbauen, aber selbst das scheint nicht immer leicht zu sein.
    Um den ersten Satz aus Petra Ristow-Baaschs Kommentar aufzunehmen:
    "Auch wenn sich das Namensschild an der Tür geändert hat, so bleiben es doch diesselben Menschen, Lehrer, Schüler und Eltern. Und die dieselben Probleme."
    Und diese Probleme lösst man eben nicht durch "des Kaisers neue Kleider".

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