Freitag, 24. Dezember 2021

Tag 642 und Feiertagslektüre

Artur Klinaŭ ist ein 1965 in der Breschnew-Ära geborener ehemaliger Sowjetbürger, heute Bürger von Belarus, in Minsk lebend.

 Um die Vorgänge in Belarus besser zu verstehen, besorgte sich H. diese beiden Bücher.

 

 

 

 



 

 

 

 

 

 

„Wer das Land und seine Leute verstehen will, kommt an Klinaŭs Buch nicht vorbei, das bereits zum Klassiker avanciert ist.“ – Ingo Petz, DLF.

„Dass die Sonnenstadt gerade in Minsk Fleisch ward, war keine Laune der Geschichte. Die Stadt, die ihre Geschichte als Friedhof begonnen hatte – mit den blutigen Ufern der Njamiha –, wurde zum Friedhof für tote Städte. Auf ihrem Gebiet wurden mehrere Minsks geboren und wieder zu Staub. Die Stadt war in ihrer Geschichte mal katholisch, mal orthodox, mal jüdisch, mal barock, mal eine Gouvernementsstadt, mal eine sowjetische, mal eine imperiale Stadt. Nach jedem Tod stand die Stadt nicht in Fortsetzung der Tradition wieder auf, sondern als vollkommen andere Stadt, die nichts mehr mit der vorangegangenen gemein hatte, weder in der Ästhetik noch in der Alltagswelt, der Mythologie ihrer Bewohner.“
Aus: Minsk, Sonnenstadt der Träume, S. 95, Suhrkamp 2019 (Das zweite Buch kommt zu gegebener Zeit dran.)

Es ist, als ob man durch die Stadt geht, so detailgenau und den Leser mitnehmend sind Klinaŭs Beschreibungen angelegt. Illustriert wird der Band mit Fotos von Klinaŭ. Ganz nebenbei erfährt man, klug eingestreut, viel über die Geschichte Polens, Litauens und Weißrusslands. Eine Gegend in Osteuropa, die eigentlich immer gebeutelt und geknechtet wurde, ausgenommen wurde, seit Breschnew zur Ruhe kam und nach dem Zerfall der Sowjetunion unter der Knute Lukaschenkos leidet, zumindest was Belarus angeht.

Im zweiten Weltkrieg fast völlig zerstört, begann der Wiederaufbau in Form einer sozialistischen Musterstadt unter Stalin, eine ideale Stadt für eine ideale Gesellschaft. Nach dessen Tod versiegte das Geld. Klinaŭ erzählt, dass Minsk, zumindest in seiner Jugend, ein wenig eine Art potemkinsches Großdorf war: Herrlich herausgeputzte Straßen, Parks und Fassaden, in den Hinterhöfen blanke Backsteinwände, unverputzt.

Das Buch ist ein wenig in die Jahre gekommen, es erschien 2006 und ist 2019 in der 5. Auflage gedruckt. Aber was bedeuten 16 Jahre für gute Literatur!

2 Kommentare:

  1. Danke für den Tipp, die Bücher klingen sehr interessant.

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  2. danke für den tipp, werde eines der bücher kaufen. und frohe festtage wünsche ich, gruß roswitha

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