Freitag, 1. Dezember 2023

Drei Jahre und 247 T C, 1 Jahr 276 T Krieg in UA, 56 T Krieg in Israel und Gaza und: There`s A Killer On The Road

 Die Kolumne erschien im heutigen SZ Magazin.

Süddeutsche Zeitung, Magazin, 01.12.2023
Das Beste aus aller Welt - von Axel Hacke

Erstens liege ich hier gerade auf dem Sofa und höre Riders on the Storm von den Doors.

Riders on the storm Riders on the storm Into this house we’re born Zweitens ist es mir gerade für 7:15 Minuten und möglicherweise auch danach ausgesprochen scheißegal, ob dieser Text hier nun pünktlich fertig wird oder nicht. Denn ich befinde mich, wie gesagt, auf dem Sofa, wie ich mich mit 15 Jahren (also 1971) auf dem Sofa befand, irgendwo zwischen Traum, Trance und Ekstase – und wie mir damals die Leute unten im Wohnzimmer, bei denen es sich dummerweise um meine Eltern handelte, scheißegal waren und übrigens auch der Satz des Pythagoras und der Aufbau von Kohlenwasserstoffen und Sallusts Catilinarische Verschwörung. Ich genieße hier bitte schön gerade die massive Rückkehr eines fast vergessenen Alles-IdiotenGefühls, und ich möchte nicht gestört werden.

Into this world we’re thrown  Like a dog without a bone Ich rufe zurück. Oder auch nicht. In der momentanen Stimmung ist mir alles zuzutrauen.

Gestern bin ich vier Stunden lang Auto gefahren (für die Bahn reichen meine Nerven gerade nicht). Ich fuhr durch eine regengraue Nieselwelt, im Radio hörte ich mal wieder Nachrichten vom exponentiellen Wachstum des Weltidiotieaufkommens, zu Hause nahm ich eine Flasche Rotwein zur Hand, bat mir aus, seitens meiner Familie nicht mehr angesprochen zu werden, und las Saul Friedländers israelisches Tagebuch Blick in den Abgrund, was die Sache aber echt nicht besser machte. 

Riders on the Storm handelt ja (wenn es überhaupt von irgendwas handelt) vom Regen und vom Sturm, vom Reisen per Anhalter und von Serienmördern auf Highways, … There’s a killer on the road …, von der großen Freiheit und wie sie bedroht ist, von der Liebe und dem grummelnden Gewitterhimmel, von all dem also, wovon ich mit 15 träumte und wovor ich Angst hatte und in das ich gerade hier wieder hineingesogen werde von Jim Morrisons rauschender Stimme und Ray Manzareks vom Himmel herabregnenden Keyboardläufen, sodass es sich bei mir am Ende (also jetzt) auf dem Sofa um eine Art willenlosen Bestandteil der Musik und damit der Welt handelt. Leckt mich mit euren Abgabeterminen! Ich gönne mir 7:15 Minuten Pubertät. Außerdem ist das Musik für die Ewigkeit.

The world on you depends Our life will never end Bruno, mein alter Freund, hatte mich dann spät noch angerufen und gefragt, ob es mir auch so gehe: Er habe das Gefühl, es werde immer windiger, also, es gebe einfach mehr Wind, und das hänge doch sicher mit dem Klimawandel zusammen, und unheimlich sei es auch. GENAU!, hatte ich gerufen, so empfinde ich es ebenfalls. Immerzu denke ich, es ist windig, und so sei das früher nicht gewesen. Heute Morgen habe ich dann versucht, der Sache auf den Grund zu gehen. Ich fand heraus, dass Klimawissenschaftler über den Wind wesentlich weniger wissen, als ich dachte, so viel dann aber doch: Es sei bei uns nicht windiger als früher. Da aber durch den Klimawandel die Temperaturunterschiede auf der Welt geringer würden und Wind durch genau solche Temperaturdifferenzen entstehe, schwächten sich die Weltwinde ab, so meinen manche Wissenschaftler. Deshalb sind Wetterlagen bei uns stabiler, sie werden nicht mehr so schnell weggeblasen. Weil das so ist, hänge manchmal ein Hoch wochenlang reglos über uns und dann aber auch wiederum windiges Wetter. Aus diesem Grunde empfänden wir – so die Wissenschaft – den Wind, weil er dann Tag für Tag wehe, möglicherweise intensiver.

Drittens habe ich genau aus diesem Grund die Doors aufgelegt. Die Assoziationsketten hatten mich von Wind zu Sturm zu storm zu Riders on the Storm geweht, und so bin ich nun am Ende dieses Textes. Und genau dort wollte ich hin, unter uns gesagt.

1 Kommentar:

  1. danke für diesen text, ich verstehe und lege auch auf. ich kann wenig tun, aber ruhig musik hören und denken ist gut. trotz alledem leben wir(oder gerade mit), gruß roswitha

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