Mittwoch, 2. Oktober 2019

Die Geschichte des Fuchses

Im Frühjahr bemerkte H., dass die Pappteller, auf denen die Igel ihr Futter serviert bekommen, entweder zerrissen oder verschwunden waren. Und das, obwohl sie unter einer Obstkiste mit kleinem Eingang lagen. Sie waren sauber abgeleckt, wenn sie dagelassen wurden. Irgendein Tier war im Verdacht, man dachte an Marder, eventuell Mäuse oder sonst was.
Im Juni waren dann Anne und Peter aus Wimbledon zu Besuch und jeden Abend saß man länger bei Abendessen und Wein, die Vorhänge offen lassend.
Auf einmal: "Oh, look outside, there`s a fox in the garden." Und in der Tat zeigte das Licht des Bewegungsmelders ein Füchslein, doppelt so groß wie der Kater, das sich über die Erdnüsse der Eichelhäher hermachte.
Der Kater liebt es, im Freien gefüttert zu werden, ist mäklig und läßt Reste zurück. Die Schälchen waren jeden Morgen blitzblank geleckt, der Verdacht fiel natürlich auf das neue Tier.
Damit der Fuchs das Igelfutter in Ruhe ließ, bekam er Verschiedenes hingestellt: Hundefutter, Trockenfutter eingeweicht, Hühnerherzen und -flügel.
Er kam immer etwa eine Stunde nach Einbruch der Dunkelheit. H. ließ die Haustüre offen und sprach mit ihm von drinnen aus, mit leiser, beruhigender Stimme. So kam es dann soweit, dass H. aus der Türe treten konnte, ohne dass er davonlief.
H. hatte natürlich Sorge um den Kater, der fast die ganze Nacht draußen zubringt und begann sich zu informieren. Die Literatur sagte, dass Füchse großen Respekt vor Katze haben und deren Krallen stark fürchten, sie ihnen hoch überlegen seien. Eines Abends erwischte H. dann den Kater, wie er hinter dem Fuchs ums Haus jagte. Und der Fuchs, wenn er des Katers ansichtig wird, macht komische, schüchterne, dunkle Töne, was den Kater völlig kalt lässt. Er verstellt ihm auch gerne den Weg, indem er sich vor Durchgänge legt, was den armen Reineke manchmal verzweifeln lässt.
Dann die Veterinäre: In Bayern gibt es keine Tollwut. Man wird auch nicht vom Fuchsbandwurm angesteckt, weil der Zwischenwirt Mäuse sind, man müsste also Mäuse essen (der Kater bekommt jährlich eine Wurmspritze). Eine Ansteckung über Heidel-, Brom- und andere Beeren sei nicht möglich. (Herr Kaltmamsell, lass also die Frau Kaltmamsell auf den Wanderungen ruhig Beeren essen!)
Seit heute Abend weiß H., dass es zwei Füchse sind. Damit ist geklärt, warum der Fuchs einmal ruhig und ein andermal fliehend reagierte.

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