Samstag, 11. Januar 2020

Und hier besagter Brief des Herrn Piazolo an die Grund und Mittelschullehrkräfte

Dieser Brief ist eine umgewandelte pdf-Datei, mit allen Formatierungsproblemen. Er wurde H. zugespielt.

Der Bayerische Staatsminister für Unterricht und Kultus
                  Prof. Dr. Michael Piazolo, MdL

Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus, 80327 München

Telefon: 089 2186 2020 
E-Mail: michael.piazolo@stmuk.bayern.de Salvatorstraße 2 • 80333 München

Telefax: 089 2186 2809 Internet: www.km.bayern.de 
U3, U4, U5, IJ6 - Haltestelle Odeonsplatz



An die

Lehrkräfte, Fachlehrkräfte und Förderlehrkräfte an den Grundund Mittelschulen in Bayern

Ihr Zeichen / Ihre Nachricht vom Unser Zeichen (bitte bei Antwort angeben) München, 7. Januar 2020

111.3 - BP 7060-4b.703 Telefon: 089 2186 0

Sicherung der Unterrichtsversorgung an den Grund- und Mittelschulen ab dem Schuljahr 2020/21

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich wende mich heute unmittelbar an Sie mit einem Anliegen, das mir außerordentlich am Herzen liegt: der Personalsituation an den bayerischen Grund- und Mittelschulen. In diesem Bereich liegen in den nächsten Jahren große Herausforderungen vor uns, die verschiedene Maßnahmen erforderlich machen, um die Unterrichtsversorgung zu sichern. Da dies nur unter Mitwirkung unserer Lehrkräfte gelingen kann, bitte ich Sie, sich für die Lektüre dieses Schreibens etwas Zeit zu nehmen.

Unsere bayerischen Schülerinnen und Schüler haben das Privileg, nicht nur von professionell ausgebildeten, sondern auch von hoch motivierten Lehrerinnen und Lehrern unterrichtet zu werden, die ihren Beruf engagiert und mit Überzeugung ausüben. Auch wenn die Aufgaben für Sie als Lehrkräfte in den letzten Jahren sicher nicht weniger herausfordernd geworden sind: Der Unterricht an den bayerischen Schulen verläuft sehr erfolgreich, wie auch bundesweite Vergleichsstudien zeigen. Mit Ihrer täglichen pädagogischen Arbeit im Klassenzimmer leisten Sie hierzu einen ganz entscheidenden Beitrag. Dafür möchte ich mich ganz herzlich bei Ihnen bedanken.

Die Qualität und den Anspruch des bayerischen Schulwesens wollen wir dauerhaft bewahren. Dies ist jedoch nur möglich, wenn die Unterrichtsversorgung durch hochqualifizierte Lehrkräfte auch in Zukunft gesichert bleibt.

Bei dieser herausfordernden Aufgabe möchte und muss ich Sie heute um Ihre Unterstützung bitten.

Wie Sie aus der medialen Berichterstattung wissen, sind deutschlandweit seit einigen Jahren Lehrer knapp. Bayern hat sich lange Zeit erfolgreich gegen diesen Trend gestemmt und Maßnahmen ergriffen, um zusätzliches Lehrpersonal für unsere Grund-, Mittel- und auch Förderschulen zu gewinnen. Ich denke hier v. a. an die mehr als 1400 Lehrkräfte, die allein an den Grund- und Mittelschulen die Zweitqualifikation bereits abgeschlossen haben und die Kollegien tatkräftig verstärken. Basis für den Erfolg dieser Maßnahme war die große Unterstützung von Ihnen, den Kollegien vor Ort, die die Bewerber an die Hand genommen und sie Schritt für Schritt in die Besonderheiten der Schulart eingeführt haben.

Die Bedarfsprognosen zeigen jedoch: In den nächsten Jahren steigt auch in Bayern der Lehrerbedarf an den Grund- und Mittelschulen sichtbar weiter. Die Ursachen hierfür sind vielfältig und teils schwer kalkulierbar — zu nennen wären hier z. B. gestiegene Geburtenzahlen oder der gestiegene Zuzug nach Bayern. Auch die zusätzlichen Lehrerstellen, die in den vergangenen Jahren z. B. in den Bereichen Ganztag oder Inklusion zur Unterstützung der pädagogischen Arbeit geschaffen wurden, haben unsere Lehrkräfte zwar entlastet, andererseits auch weitere Lehrerbedarfe erzeugt.

Zu berücksichtigen ist ferner, dass sich unsere Personalstruktur gewandelt hat. Ich begrüße es ausdrücklich, dass die Lehrkräfte gute Möglichkeiten haben, Beruf und Familie zu vereinbaren — z. B. durch Teilzeit. Die Teilzeitquote ist in den letzten Jahren allerdings stark angestiegen und liegt heute bei Grundschullehrkräften bei über 60%. Daher werden heute deutlich mehr Personen als früher benötigt, um die erforderlichen Lehrerwochenstunden abzudecken.

All dies führt dazu, dass die vorhandenen Bewerberinnen und Bewerber in den kommenden Jahren nicht mehr ausreichen werden, um die Personalbedarfe an den Grund- und Mittelschulen zu decken.

Unser oberstes Ziel muss in dieser Situation sein, wieder mehr junge Menschen fürs Lehramt — auch und gerade an den Mittelschulen — zu begeistern. Die Lebendigkeit dieses Berufs und seine Krisensicherheit im Beamtentum, um das uns viele andere Länder beneiden, sind sehr gute Argumente für ein Lehramtsstudium.

Bis jedoch zusätzliche Lehramtsabsolventinnen und -absolventen als Lehrkräfte zur Verfügung stehen, wird es noch einige Jahre dauern.

Kurzfristig bauen wir daher auf Ihre, d. h. auf die Unterstützung der aktiven Lehrkräfte, um mit einer Kombination aus freiwilligen und dienstrechtlichen, d. h. verpflichtenden Maßnahmen die Lehrkapazitäten ab dem kommenden Schuljahr zu erhöhen.

Im Bereich des Dienstrechts konnten wir die Spielräume, die das Bayerische Beamtengesetz z. B. bei Teilzeit oder vorzeitigem Ruhestand bietet, in den letzten Jahren im Interesse unserer Lehrerinnen und Lehrer großzügig nutzen. Nun ist es unausweichlich, dass wir diese Spielräume — wie es das Beamtenrecht für solche Situationen ausdrücklich vorsieht — enger fassen. Im Einzelnen geht es insbesondere um folgende Maßnahmen.


  • Einführung eines Arbeitszeitkontos für Grundschullehrkräfte an Grundschulen:

Die Unterrichtspflichtzeit wird vorübergehend um eine Stunde erhöht („Ansparphase"). Dabei ist garantiert, dass Ihnen die so geleistete Mehrarbeit in der sog. „Rückgabephase" durch eine Verringerung der Unterrichtspflichtzeit im selben Umfang ausgeglichen wird.

Lehrkräfte in den letzten Dienstjahren und Schwerbehinderte sind vom Arbeitszeitkonto nicht betroffen.

Da die Bedarfslage an Mittel- und Förderschulen innerhalb des dienstrechtlich vorgegebenen Zeitrahmens keine Rückgabephase ermöglicht, bleibt das Arbeitszeitkonto auf die Grundschule beschränkt.

  • Anhebung des Mindeststundenmaßes bei Antragsteilzeit für Lehrkräfte und Fachlehrkräfte:

Antragsteilzeit ist weiterhin möglich. Das Mindeststundenmaß beträgt jedoch künftig 24 Wochenstundenstunden. Dies schließt Lehrkräfte, denen in den vergangenen Jahren per Bestandsschutz niedrigere Teilzeitumfänge als das bisherige Mindestmaß genehmigt wurden, mit ein. Schwerbehinderte und gleichgestellte Lehrkräfte sind weiterhin ausgenommen. Bei Teilzeit in Elternzeit bzw. familienpolitischer Teilzeit ändert sich nichts.
  • Änderungen beim Antragsruhestand für Lehrkräfte, Fach- und Förderlehrkräfte an Grund- und Mittelschulen:
  • Der Antragsruhestand zum Schuljahresende wird weiter möglich sein. Anträge auf einen Beginn des Antragsruhestands vor Vollendung des 65. Lebensjahres werden allerdings bei einer Einzelfallabwägung wegen des hohen Stellenwerts der dienstlichen Belange auch unter Berücksichtigung der persönlichen Situation in der Regel abzulehnen sein.

Keine neue Genehmigung von „Sabbatjahren":
Neue Freistellungsmodelle können in den nächsten Jahren — unabhängig von der Dauer — allgemein nicht genehmigt werden. Bereits genehmigte Modelle können selbstverständlich umgesetzt werden. 
Ich versichere Ihnen schon heute: All diese Maßnahmen haben vorübergehenden Charakter. Wir werden sie zurücknehmen, sobald es die Bedarfssituation zulässt. In den nächsten Jahren gilt es jedoch erst einmal, die Bedarfsentwicklung genau im Auge zu behalten; das Staatsministerium wird die Schulen hierzu auf dem Laufenden halten. 
Unsererseits werden wir weiterhin alles tun, um die Zusatzbelastungen für

Sie so verträglich wie möglich zu gestalten und die Unterstützungsangebote für unsere Lehrkräfte weiter auszubauen.
So streben wir für die Zukunft an, Sie und die Schulleitungen weiter von Verwaltungsaufgaben zu entlasten — über mehr Leitungszeit und eine Aufstockung der Mittel und Stellen für Verwaltungsangestellte an den Schulen.
  • Wir unterstützen Sie auch weiterhin pädagogisch — wie beispielsweise mit dem Programm „Schule öffnet sich", das die Lehrkräfte in ihrer Erziehungsarbeit durch mehr Schulpsychologen und Schulsozialpädagogen stärkt.
  • Ganz besonders wichtig ist mir aber: Wir wollen Ihnen noch deutlicher zeigen, dass wir Ihre Leistungsbereitschaft und Ihren Einsatz wertschätzen — auch finanziell. Im Nachtragshaushalt haben wir weitere Stellenhebungen von A12 in Richtung A 13 vereinbart. Damit werden in der laufenden Haushaltsperiode insgesamt 3000 weitere funktionslose Beförderungsmöglichkeiten für Grund- und Mittelschullehrer geschaffen. Diesen Weg möchte ich fortsetzen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich weiß um Ihr großes Engagement, das Sie täglich in den Klassenzimmern zeigen. Ich weiß auch, dass die genannten dienstrechtlichen Maßnahmen womöglich in Ihre persönliche Lebensplanung eingreifen.

Umso mehr bitte ich Sie um Ihr Verständnis und um Ihre Solidarität in den kommenden Jahren. Wir brauchen Sie und Ihren Einsatz heute mehr denn je!

In diese Bitte schließe ich auch diejenigen unter Ihnen ein, die nicht oder nur am Rande von den dienstrechtlichen Maßnahmen betroffen sind. An Sie appelliere ich abschließend ganz besonders, uns auf freiwilliger Basis zu unterstützen und so auch dazu beizutragen, dass der Umfang der genannten dienstrechtlichen Maßnahmen möglichst gering gehalten werden kann.

  • Wenn Sie kurz vor dem Ruhestand stehen: Bitte denken Sie darüber nach, ob Sie als erfahrene Lehrkraft trotz Vorfreude auf „die Zeit danach" Ihren Kolleginnen und Kollegen nicht noch ein oder zwei Jahre länger zur Seite stehen können. An einer entsprechenden Entlastung, zum Beispiel durch zusätzliche Ermäßigungsstunden, die Ihnen die Entscheidung ein bisschen leichter machen soll, arbeiten wir!
  • Und all jene, die derzeit in (familienpolitischer) Teilzeit unterrichten, bitte ich herzlich: Überlegen Sie, ob und wie Sie Ihre Aufgaben z. B. in der Familie vielleicht auch mit einem etwas höheren Teilzeitmaß vereinbaren können. Denn jede Stunde, die von gut ausgebildeten Lehrkräften wie Ihnen gehalten wird, zählt!

Ich bin überzeugt: Gemeinsam werden wir die vor uns liegenden

Herausforderung gut meistern. Für Ihre tatkräftige Unterstützung sage ich Ihnen schon heute meinen herzlichen Dank!

Mit freundlichen Grüßen
 Prof. Dr. Michael Piazolo

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