Samstag, 11. Januar 2020

Gastbeitrag von Anonyma: Brief des Kultusministers

H. bekam diesen Beitrag zugesandt und veröffentlicht ihn sehr gerne. Hier der Link zum Brief des Herrn Piazolo.

Gleich zu Jahresbeginn haben die "Lehrkräfte, Fachlehrkräfte und
Förderlehrkräfte an den Grund- und Mittelschulen in Bayern" ein
Schreiben bekommen, dass Herrn Prof. Dr. Piazolo "außerordentlich am
Herzen liegt". Es geht um den eklatanten Lehrermangel an den
Pflichtschulen. Kein Wunder: Hat man sich doch an den Mittelschulen hart
und über Jahrzehnte hartnäckig den Ruf der Restschule erarbeitet. Da die
Kür und da der Rest! Alles, was nicht richtig funktioniert, angefangen
bei Pisa, Ausbildungsreife, Rütli ... schiebt man dieser Schulart zu.
Ist die Sitution jetzt wirklich verwunderlich?

Auch in dieser Situation, die übrigens schon lange absehbar war, läuft
es wie immer: streng hierarchisch, bürokratisch und unflexibel. Halt wie
gewohnt.

Genau an den Pflichtschulen arbeiten, kaum anerkannt, die besten
Pädagogen und Lehrer mit hoher Frustrationstoleranz, großem didaktischem
Geschick und großem Arbeitsaufwand. Das muss so sein, denn sonst würden
sie kaum das Pensionsalter erreichen. Nur an den Pflichtschulen gibt es
die Aufgabe der Inklusion und Integration. Hier trifft sich die gesamte
Vielfalt der menschlichen Unvollkommenheit, Besonderheiten neben den
herkömmlichen Schülern. Das ist sowohl faszinierend, packend, zehrend
als auch abschreckend. Dafür ist natürlich kein Mittelschullehrer
ausgebildet. Dieses Phänomen findet sich auch in keinem Lehrplan.

Man setzt einfach gedankenlos voraus, dass eine Lehrkraft dies aufgrund
seiner Lehrerpersönlichkeit schafft - durch "Individualisierung".
Schlagwörter speiel ein große Rolle. Dies bei steigenden Schülerzahlen!
Genau diese Lehrkräfte, die sowieso am schlechtesten bezahlt werden (an
allen anderen Schularten erfolgt eine bessere Bezahlung bei einer weit
geringeren wöchentlichen Pflichtstundenzahl und geringeren Belastung
durch sonstige Aufgabenstellungen), vollkommen mit dieser Aufgabe
allein gelassen werden und das größte Päckchen tragen, sollen nun noch
weitere Unannehmlichkeiten hinnehmen, die wiederum die mangelnde
Anerkennung für die Arbeit zeigen.

Das bleibt natürlich der Öffentlichkeit nicht verborgen. "Unser oberstes
Ziel muss in dieser Situation sein, wieder mehr junge Menschen füs
Lehramt- auch und gerade an den Mittelschulen -zu begeistern. (Na, dann
fangt mal damit an - Begeisterung zu erzeugen, das kann man nicht
verordnen!) Die Lebendgkeit dieses Berufs und seine Krisensicherheit im
Beamtentum, um das uns viele ander Länder beneiden, sind sehr gute
Argumente für ein Lehramtsstudium."  Da werden obendrein noch Klischees
bedient.

Jetzt kommt noch hinzu, dass man verdiente Lehrer, die kurz vor der
Pensionierung stehen, versucht zu einer Dienstverlängerung zu
motivieren. Nun befinden sich diese Lehrkräfte, um die es geht, in ihrem
65. Lebensjahr, womöglich schon im 66. Lebensjahr. Tatsächlich sind
einige dieser betrefffenden Lehrkräfte sehr gerührt von dem Schreiben,
glauben sie doch endlich an ein bisschen Anerkennung. Sicherlich werden
einige brave Beamte der Werbung nachkommen. Bravo.

Erleichterung ist nicht angesagt, was bringt es denn - ein oder zwei
Jahre? Leider wird sich das Problem dadurch nämlich nicht lösen. Es
handelt sich um Lebenszeit, mit der man so leichtfertig umgeht! Darf ich
erinnern? Es gibt eine Verantwortung des Dienstherren, auch den
Beschäftigten, nicht nur den Wählern gegenüber. Auch der politische
Wille, der gern rezitiert wird, hat sich dieser Verantwortung zu stellen.

Wie ködert man nun junge Menschen für diesen Beruf? Bitte nicht mit dem
alleinigen Argument des Beamtentums. Das ist ja nahezu erbärmlich.

Ein kleiner Tipp: wirklich die Attraktivität für diesen Beruf erhöhen.
Keine Mogelpackungen! Da gibt es außerordentlich viel zu tun.

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