Montag, 15. Juni 2020

Gastbeitrag 4 der Schulleiterfreundin

Der vierte Beitrag der Schulleiterfreundin. Wieder stark anonymisiert, damit sie sich auf Schule konzentrieren kann.

Lieber Hauptschulblues,
hier ist ein weiterer Blogbeitrag von mir.

Am Donnerstag war der Lehrer ... wegen dem ... im Haus. Er war recht sauer, weil er in den Pfingstferien von einer Grundschule zur ganztägigen Notbetreuung eingeteilt wurde. Obendrein musste er noch kochen. Die armen Kinder. Er erzählte etwas von Nudeln mit Soße. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das erlaubt ist, dass die Lehrer für Schüler kochen.
Es gibt doch Hygienevorschriften (und eine Lehrerdienstordnung).

Am Freitag Mittag gab es wieder eine Mail von übergeordneter Stelle. Jetzt gibt es tatsächlich plötzlich Flächendesinfektionsmittel. Das wird am Dienstag vom THW angeliefert. Ich habe die Meldung dem Hausmeister schon hingelegt. Gerade habe ich eine gewaltige Summe für Desinfektionsmittel vom Etat ausgegeben. Ich komme aus dem Staunen nicht raus. Was wird der Grund für diese großzügige Geste gewesen sein? Angeblich reicht ja Seifenlauge vollkommen aus. Besonders Spülmittel soll wundersame Auswirkungen auf Covid 19 haben. Aber bitte jetzt weder injizieren noch trinken! Ich habe es mir jedenfalls verbeten, dass die Tische und Türklinken mit Seifenlauge gewischt werden.

Bei uns tragen die Schüler bereitwillig ihre Masken. Sie sind zum modischen Accessoire geworden. Ein mit roter Stofffarbe aufgemalter Schmollmund ersetzt das Malen mit Lippenstift (hoffentlich überlebt das die nächste Wäsche). Neulich hörte ich eine Verhandlung zwischen Lehrer und Schüler. Am Eingang sitzt jeden Tag ein Lehrer mit Masken (von Schülern selbst genäht, zum Selbstkostenpreis) und Desinfektionsmittel.
Der Lehrer achtet auf die Abstandsregel beim Einlass. Ein Schüler suchte eine schwarze Maske, passend zur schwarzen Hose. Zwei Schüler, Flüchtlinge, die vorher in --- lebten und kaum zur Schule gehen konnten, weil sie die Familie mit Kinderarbeit in einer Nähfabrik ernähren mussten, hatten sich freiwillig zum Masken Nähen gemeldet. Da konnte man die Profis erkennen. In Windeseile waren riesige Mengen von Masken aus Tischtüchern, Bettlaken etc. genäht. Am Schluss wurden die Gummibänder knapp.

Bei den Schülern geht das Gerücht um, dass dieses Schuljahr niemand durch die Abschlussprüfung fallen darf. Ein Schüler, der erst vor kurzer Zeit zurückgetreten war und auf Antrag der Eltern eine Klasse zurückversetzt wurde, wollte sich bei mir beschweren. Er hatte am Anfang nur durch mehrmalige Aufforderung durch die Lehrkräfte widerwillig ein paar spärliche Aufgaben gemacht und dann als er erkannte, dass die Kontrolle schwer fällt, sich komplett abgeseilt. Durch das Gerücht
aufgeschreckt, wollte er nun doch an der Abschlussprüfung teilnehmen. Macht ja nichts, dass ein Teil der Prüfung schon gelaufen ist. Man fällt ja nicht durch. Er beharrte darauf, auch wenn er sich nicht erklären konnte, warum man denn dann überhaupt den ganzen Aufwand mit Prüfung treibe, wenn es doch jeder schaffe. Er meinte, das sei der Job des Lehrers, das müsse er ja machen, denn dafür würde er bezahlt... Logisch. Was ist dann der Job des Schülers? Ratlosigkeit. Der Schüler verließ seufzend mein Büro. Na, hoffentlich verlassen sich nicht noch mehr Schüler auf diese Gerüchte.

Frau C. wollte ihren jüngeren Sohn, x. Klasse, zur Notbetreuung in den Ferien anmelden. Dazu hatte das Jugendamt geraten. Der Lehrkraft war schon aufgefallen, dass die spärlichen Rückmeldungen im Homeschooling teilweise um 3 Uhr oder 4 Uhr nachts kamen und immer seltener erfolgten.
Allerdings gab es auch in normalen Zeiten schon diverse Probleme mit dem regelmäßigen Schulbesuch. Frau C. war sehr enttäuscht, als ich ihr erklärte, dass wir den Sohn nicht daheim abholen würden. Dann zog sie den Antrag zurück.

Das war`s. Vielleicht bis zum nächsten Mal?
Deine Schulleiterfreundin

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