Heute war gegen 13 Uhr auf dem Westfriedhof die Urnenbeisetzung von Marcus Buschmüller.
Sein Lebensprojekt war A.I.D.A..
Eine schöne Zusammenfassung gibt das Kondolenzschreiben des Oberbürgermeisters:
"Oberbürgermeister Dieter Reiter kondoliert der Lebensgefährtin von
Marcus Buschmüller: 'Mit großer Bestürzung habe ich die traurige
Nachricht erhalten, dass Ihr Lebensgefährte Marcus Buschmüller am
letzten Donnerstag seiner schweren Krankheit erlegen ist. Im Namen der
Damen und Herren des Stadtrats der Landeshauptstadt München und vor
allem persönlich spreche ich Ihnen zu diesem schmerzlichen Verlust mein
herzliches Beileid aus.
Wir verneigen uns voller Respekt vor seiner Lebensleistung, die die
Münchner Stadtgesellschaft entscheidend verändert und nachhaltig geprägt
hat. Das von Herrn Buschmüller und einigen Mitstreitern gegründete
antifaschistische Netzwerk Aida wurde zum Mittelpunkt des Münchner
Engagements gegen rechtsextreme und rechtspopulistische Umtriebe
jeglichen Inhalts. Dass er sich wegen dieser Aktivitäten sogar vor
Gericht verantworten musste, mutet aus heutiger Sicht absurd an. Dass
Marcus Buschmüller diesen Prozess gewann, war ein starkes Zeichen und
ein Sieg auf ganzer Linie für die Demokratie. Die Arbeit gegen
Rechtsextremismus verlangt ein hohes Maß an ziviler und persönlicher
Courage und ist nicht ungefährlich. Dennoch hat Marcus Buschmüller der
hässlichen Fratze des Faschismus immer sein Gesicht entgegengehalten, um
eine Stadtgesellschaft zu fördern, die auf Werten wie Nächstenliebe,
Toleranz und Respekt aufbaut und allen Bürgerinnen und Bürgern Raum zum
Leben in Freiheit und Sicherheit bietet.
Sie sind einen langen und mit Sicherheit nicht immer einfachen Weg mit
einem außergewöhnlichen Menschen gegangen und waren Marcus Buschmüller
in seinem unermüdlichen Kampf dringend benötigte Stütze und Rückhalt.
Ich wünsche Ihnen und allen Angehörigen die Kraft, den schmerzlichen
Verlust zu überwinden und dass aus der tiefen Trauer, die Sie jetzt
empfinden, liebevolles Erinnern und Stolz auf das gemeinsam Erreichte
und Erlebte werden kann. Und vielleicht ist es Ihnen ein wenig Trost,
dass das Lebenswerk Marcus Buschmüllers in vielfältiger Weise
fortgeführt wird und er in diesem weiterlebt.
Seien Sie versichert, dass die Landeshauptstadt München Herrn Marcus
Buschmüller immer in Dankbarkeit und Ehrerbietung gedenken wird.'"
Es kamen Hunderte Menschen, Alt und Jung, Bürger*innen und die Antifa, die Gewerkschaften und Freunde, politische Weggenoss*innen. Ein Klarinettist spielte schöne Melodien. Dann nahmen alle Abschied.
Die Münchner Abendzeitung schrieb am 23. Mai 2022:
"München – Sigi Benker erinnert sich noch genau. Wo er, der langjährige Stadtratschef der Grünen, Marcus Buschmüller das erste Mal gesehen habe? "Bei einem SS-Veteranentreffen 1983", sagt Benker. Beziehungsweise, natürlich, beim Protest dagegen.
Bei anderen Menschen wäre das eine überraschende Antwort. Wenn aber die Rede von Marcus Buschmüller ist, ist sie nur folgerichtig. Der Mann hat die alten und die neuen Nazis und den Kampf gegen sie zu seinem Lebensthema gemacht – seit er das Wiesn-Attentat 1980 als gerade einmal 17-Jähriger mit eigenen Augen gesehen hatte.
Marcus Buschmüller gründete Aida
Buschmüller wurde aktiv in der linken Szene – und baute als prägende Figur die Strukturen gegen Rechts in der Stadt auf, gründete die Antifaschistische Informations-, Dokumentations- und Archivstelle Aida, aus deren Umfeld ein Netzwerk antifaschistischer Institutionen entstand, das heute auch bundesweit als vorbildlich gilt.
Und doch geriet Buschmüller auch in den Fokus des bayerischen Verfassungsschutzes. Ausgerechnet Buschmüller, den die "SZ" dieser Tage treffend selbst als "Verfassungsschützer" würdigte.
So ist er auch ein Symbol dafür, dass staatliche Stellen lange auf dem rechten Auge wenn vielleicht nicht blind, so doch zumindest äußerst sehschwach waren.
Buschmüller machte seine Berufung zum Beruf
Der Verfassungsschutz hatte es auf Buschmüller und sein Aida-Archiv abgesehen, versagte aber beim tödlichen sogenannten NSU – Strukturen also, vor denen Buschmüller und seine Leute immer gewarnt hatten. Gerichte sollten Aida schließlich vom Extremismus-Vorwurf freisprechen.
Buschmüller, der Erzieher gelernt, lange in einem Reisebüro gearbeitet, Sozialpädagogik studiert hatte, machte seine Berufung schließlich auch zu seinem Beruf, wurde bei der Fachinformationsstelle Rechtsextremismus München (Firm) angestellt, die ebenfalls aus den Strukturen gegen Rechts entstanden war.
Die Netzwerke im Hintergrund im Blick
Wenn man mit seinen Münchner Mitstreitern in diesen Tagen über Marcus Buschmüller spricht, ist allergrößte Anerkennung für seine politische Arbeit zu hören – und menschlich viel Warmherziges. "Er hatte einen vollkommen klaren Blick auf die rechte Szene", sagt Sigi Benker. Miriam Heigl von der Fachstelle Demokratie der Stadt sagt im Gespräch mit der AZ: "Er hatte eine außergewöhnliche Begabung, alles zu durchdringen und zu analysieren." So hatte Buschmüller stets die Netzwerke im Hintergrund im Blick, die bei dem Blick auf Neonazis bei Demonstrationen so schwer zu verstehen sind. "Er war ein super-angenehmer Partner", sagt Heigl, "immer auf die Sache bedacht."
Auch in der AZ hieß es ganz selbstverständlich: "Ruf doch mal den Marcus Buschmüller an", wenn eine Recherche über Neonazis an ihre Grenzen stieß. Marcus Buschmüller wusste zu helfen, immer wusste er das.
"Er hatte eine große Unruhe in sich", sagt Sigi Benker, "eine Beunruhigung. Diese Unruhe hätte, wie sich spätestens beim NSU gezeigt hat, auch diesem Staat gutgetan, wenn es um die rechte Gefahr geht".
OB Reiter über Buschmüller: "Voller Respekt vor seiner Lebensleistung"
Bis zuletzt hat Marcus Buschmüller, schon schwer krank, noch von zu Hause aus gearbeitet. Mit seinen vielen Mitstreitern. Und an seinem großen Lebensthema: dem Kampf gegen den alten und neuen Rechtsextremismus. Letzte Woche ist Marcus Buschmüller mit 58 Jahren gestorben.
Auch Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) würdigte Marcus Buschmüller am Montag. "Wir verneigen uns voller Respekt vor seiner Lebensleistung, die die Münchner Stadtgesellschaft entscheidend verändert und nachhaltig geprägt hat", sagte der OB."
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