Samstag, 20. August 2022

Tag 880 mit Corona (Tag 176 des Krieges) und: Die Schulleiterfreundin und die Staubwolke

Die Schulleiterfreundin musste vom südlichsten Südbayern in das nördlichste Nordbayern reisen, um an einer Beisetzung teilnehmen zu können. Hier ihre Reisebeobachtungen:

"Ein naher Verwandter starb letzte Woche an den Folgen von Corona. Seine Frau teilte mir den Beerdigungstermin mit: Dienstag, 16.8. um 14 Uhr in einem kleinen Ort im Frankenwald. Sie war ebenfalls an Corona erkrankt und der PCR -Test noch immer positiv. Im kleinen abgeschiedenen Wohnort waren übrigens sehr viele an Corona erkrankt.

Misstrauisch geworden googelte ich den Inzidenzwert und war schockiert: Inzidenzwert von 1600. Kürzlich hatte das Bierfest in Kulmbach stattgefunden. Offensichtlich eine richtig ausufernde Orgie. Das Gleiche wird sicherlich Ende September bei der schon heiß ersehnten Wies`n in München stattfinden. Ein Vorgeschmack sozusagen.

So entschloss ich mich mit dem Auto früh am Morgen hinzufahren, nach der Beerdigung gleich wieder zurück. Immerhin insgesamt ca. 750 km. Oberfranken wurde früher als Zonenrandgebiet bezeichnet. Mit dem Zug war mehrmaliges Umsteigen angesagt, dann umständliches Abholen, um an den Zielort zu kommen.

Die Autobahn Richtung Nürnberg ist gut ausgebaut, freilich stark befahren. Dann noch ein Stück auf der B303 und irgendwann in den Frankenwald rechts abbiegen. Das hatte ich nicht mehr so genau in Erinnerung. Es klappte alles hervorragend, aber den Einstich in den Frankenwald versäumte ich. Orte wie Marktleugast oder Ludwigschorgast sagten mir schon dumpf etwas. Also hielt ich an einem Rastplatz und schaltete das Navi ein. Ich wurde in ein kleines Nest geleitet, beschaulich mit engen Gassen. Dann sollte ich in ein noch engeres Sträßchen abbiegen. Ich konnte es kaum glauben. Aber so ist es eben im Frankenwald. Also fuhr ich in die praktisch einspurige, sehr enge Straße mit Schlaglöchern. In vielen Kurven schlängelte sie sich den Berg hinauf. Es war ungeheuerlich staubig. Die Blätter der Bäume waren mit einer dicken Staubschicht bedeckt. Glücklicherweise kam mir kein Fahrzeug entgegen. Auch hinter mir - niemand. Der Frankenwald ist halt dünn besiedelt. Rechts eine Art Silo, dann öffnete sich vor mir eine Mondlandschaft in grauweißem Staub, mitten durch die schmale Straße. Plötzlich ein roter, greller Farbklecks: eine rote Ampel. Natürlich hielt ich an, schon etwas irritiert. Es gab keinen Verkehr, keine Kreuzung, aber eine rote Ampel. Jetzt las ich ein verstaubtes Schild. Darauf wurde man zum Anhalten an der roten Ampel angemahnt. Es würde eine Sprengung stattfinden. Erst bei Grün könne man weiterfahren. Ein dumpfer Knall ertönte und mir wälzte sich eine riesige graue Staubwolke entgegen. Das Navi hatte mich direkt in einen Steinbruch geleitet. Die öffentliche Straße führte mittendurch! Es ging abenteuerlich serpentinenartig weiter. Kein Auto zu sehen. Hie und da ein einzelner Hof. Ansonsten Wald und umweltgeschädigter Wald. Schließlich kam ich tatsächlich rechtzeitig zum anvisierten Ort und zum Friedhof.

Ich begab mich direkt ans Grab, im Gehen zog ich mir die Maske über. Viele Leute standen rum. Außer meiner engeren Familie, die ebenso angereist war, hatte niemand eine Maske auf. Hände wurden geschüttelt, es fanden Umarmungen statt. Taschentücher wurden in den Händen geknetet. Hie und da trafen mich misstrauische Blicke. "Wer ist die Frau mit der Maske?" Der große Posaunenchor spielte. Wenigstens im Freien. Da konnte man Abstand halten. Dann ging es in Prozession in die Kirche. Der Posaunenchor spielte wieder - auch im Gebäude. Ein Mädchen entleerte ihre Posaune. Alle Plätze waren belegt. Die Türen wurden sorgfältig geschlossen. Mehrere Lieder zum Mitsingen standen auch an.

Da wurde es uns zu viel und wir begaben uns schleunigst ins Freie. Auch Kaffee und Kuchen ersparte ich mir. Ich stieg gleich wieder ins Auto und fuhr zurück. Den Steinbruch ersparte ich mir ebenso.

Keinerlei Vorsichtsmaßnahme vor Corona. Der Ablauf wie eh und je. Da überlegen sich viele Leute Hygienekonzepte, streiten noch darüber und hier macht man gar nichts, als gäbe es diese Virenerkrankung nicht. Bei dem schönen Wetter hätte man die gesamte Veranstaltung übrigens im Freien abhalten können.

 

 Vor der Kirche.

4 Kommentare:

  1. Ein erschütternder Bericht!
    Auf ähnliche maskenfreie und in jeder Hinsicht sorglose Verhältnisse stieß ich in Mecklenburg-Vorpommern. Daher resultiert meine Infizierung.

    Unser Bundesgesundheitsminister muss doch inzwischen der Verzweiflung nahe sein.
    Der Umgang mit ihm erinnert fatal an den Klassiker "hängt den Boten"!

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  2. im koblenzer hotel war es dieses wochende ähnlich. eine christliche glaubensgemeinschaft traf sich(viele!) mit umarmungen, singen und reden, ohne irgendeine maßnahme. sie schützt der glauben, meinen sie. was kann man da tun ausser flüchten?

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  3. Bei der Beerdigung in der letzten Woche war es ähnlich. Oberschwaben mit hoher Inzidenz. Doch ließ man das Händeschütteln am Grab, weil man es vorher schon erledigt hatte. Man stand eng im Schatten. Allerdings wurde nicht gesungen. Wir Angehörige standen auseinander aber ohne Maske. Und auf der Rückfahrt waren wir beide uns sicher, uns angesteckt zu haben. Bisher ging es aber gut.

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  4. Bei der Beerdigung in der letzten Woche war es ähnlich. Man kondolierte uns Angehörige nicht am Grab, da man das vorher schon erledigt hatte. Ich sah keine Maske, man stand eng im Schatten. Auf der Rückfahrt waren wir uns sicher uns angesteckt zu haben. Bisher war aber nichts

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