Donnerstag, 1. September 2022

Tag 892 mit Corona (Tag 188 des Krieges) und: Hommage an Ossi Sölderer

In Feldafing am Starnberger See gab es von 1957 bis 1989 den Friedl-Brehm-Verlag, der jungen und älteren Mundartautor:innen ein Forum bot. Ossi Sölderer war ein junger Oberösterreicher, der seinem Leben früh mit 26 Jahren ein Ende setzte. 

Das kurze Leben des Ossi Sölderer

Von Hugo Schanovsky

“Zu Heinrich von Kleist gibt es kein einziges lebenstreues Bild, dennoch strahlt sein Name wie ein kunstvoll geschliffener Diamant vom 19. herüber in unser 20. Jahrhundert und reflektiert die ganze unstete, an wechselnden Plätzen eruptiv schaffende Persönlichkeit. Um wieviel mehr bietet sich in einem Versuch über einen jungen oberösterreichischen Dichter die Veranlassung, von der genauen Nachzeichnung seines irdischen Konterfeis Abstand zu nehmen, seinen an der Schnittlinie des österreichisch-bairischen Sprachraumes nicht einmal stationenhaft verlaufenden Lebensweg nur zu skizzieren, ein einfacher kurzer Weg, der in einer geographisch geraden Linie von seiner Geburtsstadt Linz an der Donau westwärts nach Oberbayern führte, wo ihm ein aufmerksamer Herausgeber und Verleger, vorübergehend - wie es schon nach wenigen Jahren unverrückbar feststand - Heimstatt bot, eine schicksalshafte Ersatzheimat, weil es ihn in seiner natürlichen, in die lndustrielandschaft am großen Strom eingebetteten Heimat nicht hielt.

Die Rede ist von Ossi Sölderer, dessen schmales Werk in zwei Bändchen des Verlages Friedl Brehm in Feldafing aufging, eines Verlegers, der sich die Pflege bairisch-österreichischer Mundart zum Ziel setzt und jungen süddeutschen und österreichischen Autoren die Veröffentlichung ihrer Mundart- und Dialektdichtungen ermöglicht, die von renommierten Verlagen kommentarlos an die Einsender zurückgeschickt werden.

Den Versuch zu Auslassungen unternahm vor dem Verfasser dieser Arbeit schon der Autor selber, der sein Leben bis zur Herausgabe seines ersten Mundartgedichtbandes so umriß: „I952 am I7. Oktober in Linz geboren / 8 Jahre Volksschule / 1Iahr Polytechnischer Lehrgang / Bäckerlehre / Bundesheer."

Auf einen Blick: Äußerste Kürze bei fast anonym anmutenden Tatsachenmitteilungen, die ein Dutzendschicksal andeuten: Grundschule, zusätzliches, im Österreich der II. Republik gesetzliches neuntes Schuljahr, der Hinweis, daß der Beruf des Bäckers nur erlernt, nicht ausgeübt wurde, die Ableistung des im demokratisch-neutralen Osterreich vorgeschriebenen Präsenzdienstes beim Bundesheer. Das alles sagt alles und doch nichts über das Leben Ossi Sölderers.

Erst der Zusatz, den der Verlag diesem Kürzest-Lebenslauf anschließt, hebt die Person des jungen Oberösterreichers vom Schema Schüler - Lehrling - Soldat ab. Man erfährt über Sölderer mehr, nämlich daß er „seit 1973 an den Literarischen Blättern für bairisch-österreichische Mundarten 'Schmankerl' mitarbeitete und Texte in Zeitungen und Zeitschriften, Rundfunk und Fernsehen unterbringen konnte. Ferner, daß er Mitarbeiter der 'Bayerischen Dokumentationsstelle für Mundart' war und 'Lesungen u.a. in München und Wien, Innsbruck, Linz und Klagenfurt' hatte.

1975 bringt Friedl Brehm als Nummer 41 seines Kleinbuchprogramms den literarischen Erstling seines jüngsten Mitarbeiters Sölderer heraus, die nur 46 Seiten umfassende Broschüre - Paperback nennt man sowas neuerdings - „mid meine augn". eine Arbeit, die deckungsgleich in das literarische Umfeld des kleinen oberbayerischen Verlages paßt.

Josef Wittmann, der im selben Verlag mit zwei Mundartgedichtbändchen vertreten ist, zeichnet für seinen jungen Dichterkollegen den Umschlag. Er zeigt bezugnehmend auf den Titel, den Autor, besser: Kopf und rechte Hand Sölderers, eine expressionistische Federzeichnung, die dem hart konturierten Gesicht durch zwei durchdringend den Beschauer anstarrende Augen Halt und Inhalt gibt, Titel und Gesicht eine Einheit, so sehe ich das Leben, ich, der Ossi Sölderer, der sein erstes Buch „fia mei muadda” geschrieben und damit die Tür zurück in seine Kindheit aufgestoßen hat, die er in Linz, seiner Geburtsstadt, verbrachte, einer ehedem provinziell abgetanen Stadt, die durch Industrialisierung und Fleiß zu einer bedeutenden wirtschaftlichen Metropole aufstieg.

Diese Kindheit, in der die Mutter zentrale Bezugsperson ist, bleibt für den jungen Bäckerlehrlíng, der bald statt Brotwecken und Kipferl zu fabrizieren Gedichte schreibt, zeitlebens die Quelle für seine literarischen Gehversuche, etwa in der Ausschließlichkeit, wie sie der deutsche Dichter Franz Fühmann für sich in Anspruch nimmt:

„Meine katholische Kindheit, meine fromme Kindheit, meine Kindheit mit Schutzengel und Jungfrau Maria, meine österreichische Kindheit, meine böhmische Kindheit, meine deutsche Kindheit, meine abendländische Kindheit, meine Kindheit im Gebirge, meine Kindheit in den Wäldern, meine Kindheit im Garten, meine Kindheit im Schnee, meine Kindheit im Kristall des Himmels, meine Kindheit vor lebendigem Feuer, meine Kindheit in Unschuld neben der Schwester.
Meine Kindheit in der Hölle, über die Vater und Mutter herrschten, unablässig zerfleischend, unablässig einander Schmerzen auspressend, unablässig uns Kinder als Schild vor sich tragend; meine Kindheit im Dorf, meine Kindheit im Wirtshaus, meine Kindheit im Kloster, meine Kindheit unter den Jesuiten, meine Kindheit unter den Faschisten, meine Kindheit mit Sindbad, meine Kindheit vor Troja, meine Kindheit vor dem Pentagramm, meine Kindheit vor den Krematoriumsöfen, und ich hörte die Frage eines großen Lehrers, des heiligen Augustinus: Deine Kindheit ist vergangen, doch wo ging sie hin?"

Wo ging sie hin, die Kindheit des Ossi Sölderer? Er nahm sie wohl mit auf seine Wege, auf seine Strass'n (das zweite Buch trägt den bezeichnenden Titel „Auf meiner Strass'n”). Sie war das einzige, das ihm geblieben war, nachdem er weggegangen war. Sagte ich „weggegangen”? Sölderer war in Wahrheit einer der ersten Aussteiger, lange bevor es Mode wurde, persönlich oder literarisch auszusteigen aus dem Milieu, das eine zur Perfektion technisierte und kommerzialisierte Welt einschloß. Wenn ein Peter Henisch, viele Iahre später, seinen Romanhelden aus Wien nach Bali ausscheren ließ, dann genügte ]ahre früher Ossi Sölderer der Abbruch der Brücken zu Linz, seiner Geburtsstadt, und das Ausscheren in das kleine Feldafing.

Sölderer hatte instinktiv erkannt, daß er sein Seelenheil nicht in Großstädten oder großen Städten wie Linz finden würde, sondern in kleinen menschlichen Bereichen, etwa wie das Leopold Kohr postuliert hat, „daß auch das kleinste Nest groß genug ist, Universalgefühle auszudrücken, im Gegensatz zu unseren Großgesellschaften, die, wie Eiszeiten, kaum einen anderen Zweck zu haben scheinen als die Kulturmonumente ihrer eroberten kleinstaatlichen Bestandteile einzufrieren und stehen zu lassen, bis ein atomarer Vernichtungskrieg sie wieder auftauen wird".

Sölderers Abschied galt also in erster Linie einem Menschen, seiner Mutter, der er sein erstes Buch mit dem Motto gewidmet hat „iagendwo is a liachtl und is de nocht no so schwoazz”. Auch das Eingangsgedicht stellt diese tiefe, freilich nicht ungefährdete Verbindung zur Mutter her. „bevoa i geh", schreibt der Sohn, „nimm das mei heazz / es gheat dia." Er will auf sie warten bei Regen und Wind. Aber seine Ungeduld, auszubrechen, ist stark. „dua schoo weida", drängt er sie, „bevoa i geh I und nimma kumm.” Und er bittet sie, weil er weiß, daß sie ihn mag, „gib ma a liacht / das i di siag”. Der Aussteiger in ihm kann die Freiheit schon nicht mehr erwarten. „loßts mi aussi", ruft er aus, „gebts ma mei freiheid / tats de gitta weg / i mächt de sunn gschpian / loßts mi aussi / aus dera dunglheid / i macht mid de bleami redn / und beim mondschein / noggad im Fluß bodn / i mächt i söwa sei / und ned eicha kaschpal / mid dem ma eus mochn kou."

In diesem Gedicht ist all das enthalten, was er nicht möchte. Er möchte nicht (mehr) hinter dem Backofen stehen und Teig kneten, er möchte nicht (mehr) auf Kasernenhöfen stramm stehen müssen, er möchte nicht der Kasperl sein, mit dem andere machen können, was sie wollen. Er möchte der Dunkelheit entfliehen, in der er steckt, er hat das Gefühl, eingegittert zu sein, er fordert Freiheit für sich, er möchte die Sonne spüren auf seiner Haut, er möchte mit den Blumen reden und beim Mondschein nackt und keusch im Fluß baden. Er möchte er selber sein. Aber wer ist er? 

Noch sieht er sich am Lebensbaum hängen. „heazzn von junge menschn / heazzn von oide menschn” hängen auf dem Baum, der im Garten steht, aber „heazzn fia de kana zeid hod / hängan do drobm / und wissn ned wo hi." Er hängt (noch) am Ast (seiner Mutter), aber keiner hat Zeit für ihn, er hängt (mit anderen jungen Menschen) am Baum des Lebens, aber die Zukunft ist ungewiß, das Ziel nicht erkannt. Der Aussteiger entscheidet sich nicht, er möchte Zeit gewinnen, „zeit lossn” schreibt er in sein Stamm-, in sein Fahrtenbuch. „zeit lossn / lebm lossn“, bevor er eine Entscheidung trifft. In diesem Schwebezustand füllt das Reden die Leere, die hohlen Waben der Zeit aus. „reedn / vü reedn / a bissl zvü reedn / no a bissl mea reedn", es wird viel geredet, zu viel geredet den ganzen Tag lang, durch das Reden kommen zwar die Leut' zusammen, aber „gmochd wiad nix." Obwohl durch das Reden nichts bewirkt wird, glaubt er „z'vü greedt is bessa / eus nix greedt“.

Das gilt ganz besonders für einen Ort der Kommunikation, für das Wirtshaus. Der von zu Hause Aufgebrochene und noch nicht Angekommene macht Zwischenstation, dort, wo es warm ist, wo Menschen sind, wo man Vergessen finden und kaufen kann. „mia gengan ins wiatshaus / womma traurig san / mia gengan ins wiatshaus / womma lustig san / mia gengan eigentlich / euwei ins wiatshaus / womma göd hobm."

lm Wirtshaus trifft man sich, nicht mehr. Liebe gibt es dort nicht, Zuneigung sucht er vergeblich. Alles ist käuflich und verkäuflich. „wonst mi wiakli mogst / don gib ma an hundata", so redet der Kumpel an seiner Seite und das leichte Mädchen offeriert ihm: „fia zwanzg schülling / deafst ma a bussi gebm / fia fuchzg schülling / deafst mi ougreifm / fia hundat schülling / geh i ins bett/ mit dia / und jetzt sog no amoi / i hob di ned gean.”

Das Wirtshaus ist auch Ort der Zerstörung. Er sieht „ziddrige händ /greifm noch da floschn / und saufans aus / da bligg is lea / da glonz in de augn / längst valoschn“. Da packt ihn die Angst. „i kriag / a ganslhaud / eus i eahm / do sitzn siag.“

Es fröstelt ihn. Alles ist leer. Die Straße. Seine Brieftasche. Die Rumflasche. Die Häuser. Die ganze Stadt ist leer. Und er klagt: „niagens is ana / den i frogn kou / ob mei heazz / a schou leea is.“

Es ist noch nicht leer, sein Herz. Er gibt sich selber die Antwort im Gedicht „wouns koid wiad”. „tiaf im heazzl howi no plotz fia di / kumm dua weida / bevoas zuamochd / wia a rosn / wouns koid wiad / und da schnee feud ..."

Das drängende, an seine Mutter gerichtete „kumm dua weida” klingt wie ein Hilferuf, ist auch einer, denn bis jetzt ist er nichts als „a klana wuaschdl / dea nix zum sogn hod". Er ist jetzt draußen, nicht mehr eingezwängt hinter Gittern, er hat die Sonne auf der nackten Haut gespürt, er hat mit den Blumen geredet, doch wie es scheint: er hat keine Menschen gefunden, die ihm das geben können, was er so verzweifelt sucht, Wärme, gut aufgehoben sein, Liebe. Er hat die Welt draußen mit seinen eigenen Augen gesehen, das Fazit ist niederschmetternd: statt einem freien Himmel zieht „a grosse / schwoazze woikn” auf ihn zu.

1978 erscheint im selben Verlag das zweite Gedichtbändchen. „Auf meiner Strass'n", das er mit sechs Schwarzweißfotos ausstattet, Bilder, die seine Handschrift tragen, die menschenleere Straße des Umschlages, ein Seeufer, das er mit einem anderen Fotoausschnitt, Meeresbootszene, genau so willkürlich verfremdet wie die Silhouette eines Waldes und die Weite eines niederbayerischen Feldes, über dem er einen lächelnden Mädchenmund schweben läßt zur nebenstehenden Aussage „der mund is gift / des i brauch / wia a toda / sein sorg”.


Die Weglosigkeit, die Ausweglosigkeit ist stärker geworden. Im programmatischen Anfangsgedicht läßt er keinen Zweifel über seinen Standort aufkommen: „de strossn is lea / wia mei heazz / a koita wind / ziagt duach de baam / meine grossn augn / seng vatrocknate bleami ...“

Er hängt schwarzen Gedanken nach: „...meine schwoazzn gedonkn / kon ma kana ausziagn / de ghean mia / mia gonz allaa ...” Seine Gedanken sind sein letztes Hemd, das man ihm noch nicht ausgezogen hat, „nua des bissl lebm hobms ma lossn”.

Noch bäumt er sich auf, kämpft er um das bißchen Leben, versucht er Beziehung aufzubauen. Er trifft ein Mädchen, im Zug, sieht sie, träumt von ihr, möchte „des madl / mid de schwoazzn hoa / ned auslossn ... / renna / nochrenna mächt i da / owa i kumm ned / von da stöö”.

Er kommt auf seiner Straße nicht von der Stelle, weil ihn die Angst in ihren Klauen hält. „a liachtl steigt do hintam lond auffa / foit owi / steigt auffa / woat auf di / auf mi / auf d' leit . . ." Die Angst macht ihn unempfänglich für die Liebe. Er fühlt sich verfolgt von den glatten, schönen Gesichtern auf den Plakatwänden; „a mund / voa dem i ongst hob / das a mi amoi auffrißt . . ."

Augen verfolgen ihn, „augn de ma nochschaun / de gonze strossn ...”, schwere Nebel hängen in den Bäumen, zwischen ihnen laufen Kinder mit dem Tod um die Wette, alte Weiber warten auf ihn, greifen mit ihren langen, kalten Fingern nach ihm. Er will sich von diesem Alp befreien, verdrängt die nachtbeschatteten Figuren, muß aber gleichzeitig zugeben, daß sie wiederkehren werden und er nichts dagegen tun kann. Er sucht Vergessen im Wein, „rotwein / rinnt duach meine odan", flüchtet in den Rausch des Blues, „ea baut di auf / haut di zom / wona wü", er möchte „an teifi daschiassn / an heagott schimpfn / mid ana frau schlofm / mid da großmuatta tonzn / und nia mea aufhean".

Der Sechsundzwanzigjährige, der den Himmel zumalen möchte, mit schwarzer Farbe, hat nicht mehr weit zu gehen. Es gibt noch einige Haltestellen für ihn, an denen er Halt macht, Halt sucht, die kleine Brücke, die er im Foto verewigt hat, auf ihr stehend sucht er das Lächeln, möchte er glücklich sein, „dei heazz / in meina hend / klopfm gspian".

Er schildert den Tagesbeginn, wie er aufsteht, frühstückt, zum Bahnhof rennt, im Zug sitzt und einen fünf Millimeter karierten Notizblock aus der Tasche holt, aufs weiße Papier schreibt er, was ihn bewegt, Träume hat er niedergeschrieben, von einem Dritten spricht er, der sinnlose Wörter aufgeschrieben hat. Von seinem Notizblock wandern seine Gedanken zu einem anderen Papier „mid schwoazzn rond“.

Zwischendurch gesteht er, daß er seiner Kindheit nachrennt, er möchte „auf an hochn haus steh / de musik / zwischn hümmi / und eadn spian” und weiß wahrscheinlich nicht, daß er das haben hätte können, in Linz, seiner Geburtsstadt, mit der Klangwolke am Donauufer, wo Zehntausende Menschen Bruckners Musik zwischen Himmel und Erde hören und in sich eindringen lassen.

Die Angst bleibt. Er hat Angst vor dem, was ist, und Angst vor dem, was kommt. Das, was kommt, kündigt sich konkret an, er schreibt es, schwarz auf weiß. Der zerbrochene Spiegel, in dem ein Gesicht liegt mit Augen, die keinen Glanz mehr haben, die Rasierklinge, die auf dem Boden liegt, der Revolver.

Die Suche nach seiner wirklichen Heimat hat ihn müde gemacht, keiner hat ihm auf die Frage, wo er hingehört, Antwort geben können. Einige haben gelacht, irgendwo würde er schon hingehören. Der Ort, wo er seine Angst verlieren wird, ist ein See. Ruhig und still liegt er da. Zwischen den Bäumen legt sich die Sonne zur Ruhe. Ein Gefühl von Frieden macht sich in ihm breit. Er macht seine Augen zu, er hört das Plätschern des Wassers, es beruhigt ihn. Plötzlich Musik von irgendwoher. Dann steigt eine weiße Frau aus dem See und kommt auf ihn zu. Sie setzt sich neben ihn. Sagt nichts. Schweigt. Steht auf und fragt ihn, ob er nicht mitkommen möchte. Er sagt, er möchte schon, aber er kann nicht, er hätte eine kranke Mutter zu Hause. Die weiße Frau geht zurück in den See.

Er wacht auf. Der Frieden ist weg. Er muß schnell heim zu seiner kranken Mutter. Vor dem Haus ein schwarzer Wagen. Männer stehen da und sagen nichts. Er fragt. Eine Frau ist gestorben, sagen sie. Er möchte weinen, aber er kann es nicht. Er muß an die weiße Frau denken, die ihn mitgenommen hätte.

Sein Wunsch „loss mi no amoi / gonz tiaf / in deine augn schaun / bevoa da wind kummt / und mi midnimmt“ ging nicht in Erfüllung. Sein Traum endete so, wie er es vorausgeahnt hatte, daß irgendwo ein Holzkreuz und eine kalte Erde auf ihn warten.

Er wurde in Linz bestattet. Sein Todestag war der 14. November 1978. Sein Verleger Friedl Brehm, der einen „Ossi-Sölderer-Preis“ für junge Nachwuchsautoren in bairischer Sprache gestiftet hat, schrieb über ihn: „Sein tragischer Tod im Starnberger See hat uns ärmer gemacht. Der Ossi ist nicht zu ersetzen."

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