Freitag, 6. Januar 2023

Tag 1018 mit Corona, Tag 314 des Krieges und: Lehrermangel ad infinitum?

Laut Schätzungen des Deutschen Lehrerverbands fehlen in der BRD bis zu 40 000 Lehrkräfte, davon über 4000 allein in Bayern, vor allem in Grund- und HauptMittelschulen. Für 2030 prognostiziert der Bildungsforscher Klaus Klemm einen Lehrermangel von über 80 000 unbesetzten Stellen. Dabei legt er zugrunde,

  • dass künftig Klassengrößen verkleinert werden könnten,

  • dass Lehrerinnen und Lehrer zu weniger Unterrichtsstunden pro Woche verpflichtet werden könnten, um mehr Zeit etwa für Beziehungsarbeit oder organisatorische Aufgaben zu gewinnen,

  • dass mehr Lehrerinnen und Lehrer benötigt werden, wenn das Ganztagsangebot an Schulen ausgebaut wird,

  • dass der Personalbedarf steigt, wenn Kinder mit und ohne Behinderung öfter gemeinsam lernen, Stichwort Inklusion,

  • dass mehr Pädagogen als bisher eingestellt werden müssen, wenn Schulen in sozial benachteiligten Stadtteilen zusätzliche personelle Ressourcen bekommen sollen.

    Die drei letzten Punkte tauchen in den politischen Willenserklärungen jeder Bundesregierung auf, gleich welcher Couleur.

    (Bildquelle: piqs.de)

Die Gründe sind vielfältig. Zum einen ist die Bezahlung schlechter als bei anderen Schularten, zum andern ist das Stundendeputat wesentlich höher als an Realschulen und Gymnasien, obwohl die Arbeit, die anfällt, oft noch mehr ist. Allein die vielen notwendigen Kontakte mit außerschulischen Institutionen kosten mehrere Stunden pro Woche, deren Dokumentation ist aufwändig.. Auch macht die Aussicht, ständig im Fokus von Eltern, Elternstammtischen und im schlimmsten Fall von Anwälten zu stehen, nicht gerade die Lust auf den Lehrberuf größer (kein Geflunker, alles erlebt!).

Abgesehen von der Bezahlung Wertschätzung durch den Arbeitgeber macht der Staat bei der Rekrutierung von Lehrernachwuchs grobe Fehler. Zu spät wurde auf den Geburtenboom reagiert, dabei sind die Zahlen der Neugeborenen leicht abzufragen. Dann gab es vor einigen Jahren in Münster für das Grundschullehramt einen NC von 1,7 (laut Süddeutscher Zeitung).

Das jetzige kultusministerielle Gejammer bezieht sich auf Corona, die Erkältungswelle und die in Deutschland angekommenen Flüchtlinge.

Die Wertschätzung dieses Berufs wird noch lange auf sich warten lassen. Immer noch geistert das Bild der "faulen Säcke" (Gerhard Schröder 1995) in den Köpfen der Bevölkerung und der für Bildung Verantwortlichen herum.

1 Kommentar:

  1. Diese Vorstellungen sind traumhaft. Sie werden nur ein Traum bleiben. Ganz im Gegenteil: Die Zustände verschärfen sich. Dazu tragen natürlich die ausgeblendeten gesellschaftlichen Veränderungen bei wie Migration, Folgen von Corona, Inklusion, rudimentäre Ganztagesbeschulung, mangelndes Interesse am Lehrerberuf... Es sind obendrein keinerlei offizielle, ernsthafte Bestrebungen erkennbar irgend etwas an den negativen Entwicklungen zu verändern. Man hofft auf eine Art Selbstregulierung. Viel Dinge lassen sich problemlos unter den Tisch kehren oder ignorieren. Gerade die Eltern von Mittelschülern, die womöglich weder der deutschen Sprache mächtig oder gar der bildungsfernen Schicht zugehörig, werden nicht auf Missstände aufmerksam machen. Gab es nicht schon Zeiten, in denen über 40 Kinder in einer Klasse saßen? Da gab es auch keine Katastrophe und wenn- die Zeit heilt Wunden. Das ist bequem und man kann weiterwursteln wie bisher.

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