Sonntag, 30. Juli 2023

Drei Jahre und 124 Tage mit Corona, 1 Jahr und 153 Tage Krieg und: „Not in Education, Employment or Training“

Über 30 000 Berliner Jugendliche tun nichts nach ihrem Schulabschluss, 568 000 in der ganzen BRD (Quelle Statistische Amt der Europäischen Union (Eurostat).

(Bild: pexels.com)

„Es gibt eine wachsende Gruppe von Jugendlichen, die mangels Orientierung in kompletter Inaktivität verharrt“, bestätigt auch Christina Ramb, Vorsitzende des Verwaltungsrats der Bundesagentur für Arbeit. Ein möglicher Grund dafür könnte die Corona-Pandemie sein, die es jungen Menschen über einen langen Zeitraum erschwert hat, Berufspraktika zu absolvieren oder beraten zu werden. Obwohl das genauso wie Unterricht jederzeit möglich gewesen wäre. Warum nicht jetzt das Versäumte nachholen?

Für Schulabgänger ohne Ausbildungsplatz oder sonstige angestrebte Abschlüsse will Berlins Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) das 11. Pflichtschuljahr einführen: Ein Auffangbecken. Das schon in den Brunnen gefallene Kind retten.

Allein in Berlin verschwinden jedes Jahr 3000 Entlaßschüler:innen aus dem Blickfeld. Niemand weiß, wohin sie (beruflich, ausbildungsmäßig, praktikumsmäßig) landen.

Insgesamt wieder ein Versagen der Schul- und Ausbildungsbürokratie.

H. hatte einmal an seiner Schule eine Sachbearbeiterin der Arbeitsagentur, die Schulabgänger:innen bis zu zwei Jahre lang im Blickfeld hatte - ein Glücksfall.

4 Kommentare:

  1. Letzte Woche habe ich mich gewundert über eine Nachricht im "Berliner Fenster". Das ist der Bildschirmtext in der Berliner U-Bahn. Eine Rechtsanwaltskanzlei, die Rechtsfragen für den Alltag publiziert, ließ wissen, daß Eltern nicht verpflichtet sind, ihre Kinder zu finanzieren, wenn diese nach der Schulpflicht keine weitere Ausbildung durchziehen. Ich habe mich gewundert, aber jetzt wird mir deutlich, warum das von Bedeutung ist.

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  2. Eltern, die selbst keine Ausbildung erhalten haben können ihre Kinder da schlecht beraten. Das ist Aufgabe der Schule in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt. Das ist ab dem 7. Schuljahr notwendig, wo im Mittelschulbereich eine Groborientierung nötig ist. Was kann ich leisten, was nicht? Wo liegen meine Interessen?
    Praktika sind sehr wichtig und sollten mindestens 3 Wochen möglich sein in der Schulzeit, aber auch unbedingt in den Ferien.
    Ein zusätzliches Schuljahr macht nur Sinn, wenn da wirklich intensiv Berufsorientierung betrieben wird. Sonst ist das ein Parken.
    Mittlerweile betrifft diese Orientierungslosigkeit auch Gymnasiasten, die nach dem Abitur erst mal pausieren und sich weder für Lehre noch für Studium entscheiden können. Eine Berufsorientierung wird im Gymnasialbereich immer noch stiefmütterlich behandelt.
    Besonders problematisch erscheinen Jugendliche ohne Berufsabschluss, auch die als Inklusionsschüler mitgeschleift wurden und jetzt endgültig durchs Netz fallen.
    Das jetzt allein auf Corona zu schieben, wäre mehr als kurzsichtig. Da sollten sich alle Beteiligten mal an die Ohren fassen. Mangelndes Personal an Schulen und Arbeitsämtern hat dazu geführt, dass wichtige Bereiche der Berufsorientierung schon lange brach liegen, z.B. Betriebserkundunen, Führen von Bewerbubgsmappen. Auch AGs mit sozialen Komponenten, z.B. VorleseAgs, Patenschaften sind verschwunden. Die vielen Quereinsteiger sind mit grundsätzlichen Problemen beschäftigt.
    Die sog. Generation Z will Arbeit nicht zum Lebensmittelpunkt machen. Die Viertagewoche und Homeoffice sind im Gespräch. Da erscheint auch kein Platz für Praktika. Diese haben nur Sinn, wenn sie betreut werden.

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  3. Das sind ja heftige Zahlen! Dass das ein so eklatantes Problem ist, war mir überhaupt nicht bewusst. Und ob die Kinder in einem letzten Pflichtjahr zu einer Einsicht kommen, sei dahingestellt. Passiert denn in so einem Fall von Elternseite auch nichts? Meine Eltern hätten mir ordentlich Feuer unter dem Hintern gemacht

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    1. Eltern, selbst oft mit keiner oder geringer Schulbildung, sind häufig nicht in der Lage, ihre Kinder zu unterstützen oder gar zu fordern. Das ist meine jahrelange Erfahrung. Interessant wäre, die Gruppe der Schüler:innen nach sozialem Status und Bildung des Elternhauses aufzugliedern. Aber da traut man sich wohl aus bekannten Gründen nicht ran.

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