F. kam bis Mitternacht nicht. Vielleicht regnete es ihm zu viel. Frau H. legte ihm etwas vor die Türe, was am Morgen weg war.
Dafür kam der Kater, durchnässt, mit enormem Getöse herein. Er war wohl nicht auf seinem trockenen Platz gesessen, sondern unterwegs gewesen. Nach seiner Fütterung putzte er sich im Bett trocken, blieb bis zum Aufstehen von H.
Dann allerdings ging er wieder auf seine Aussichtsplattform. Kurze Zeit später lag er wieder im Schlafzimmer. Und das gleich den ganzen Tag, mit wechselnden Mittagsschlafpartnern.
Am späteren Vormittag Nachbarin N. zur Zahnärztin gefahren, sie selbst wollte wegen der zu erwartenden Spritze nicht ans Steuer. H. wäre gern in Schwabing spazieren gegangen, aber N. war sehr schnell fertig.
Auf dem Heimweg ein empfohlenes Buch abgeholt: Danke für den Tipp, Frau Trulla.
Eine Leseprobe aus dem Verlag:
EINE UNGLÜCKLICHE TULPE
Wer hätte das gedacht?
Sie hat sich nie beklagt, erfreute sich bester Gesundheit, ihre Zwiebel trieb schon das siebente Jahr Blüte im Fenster des pensionierten Lehrerehepaars. Sie stand gerade in voller Blüte, hatte am Abend zuvor noch gründlich ihre Griffel bestäubt und schlief friedlich die Nacht durch. Und morgens um fünf – Blumen sind Frühaufsteher – stürzte sie sich aus
dem vierten Stock auf die Straße.
Die Polizei ging zunächst von der Vermutung aus, jemand hätte sie in mörderischer Absicht hinuntergestoßen. Sie verhörten den Lehrer und seine Frau, die den Vorwurf abstritten. Im Gegenteil, sagten sie, sie hätten ihre Blume umhegt, geliebt und beweinten sie bitterlich. Der Oberstleutnant, der unter ihnen wohnt, bekräftigte ihre Aussage. Nach einigen Tagen stellte man die Ermittlungen ein.
Die selbstmörderische Tulpe war von purpurroter Farbe und verschlossenem Charakter, laut der Anwohner lebte sie nur für sich, Enttäuschungen, Erschütterungen konnten ihr also kaum widerfahren.Warum wollte sie sich also das Leben nehmen?
Darauf bekam man erst eine Woche später Antwort, als die Frau des Oberstleutnants beim Großreinemachen ihren Abschiedsbrief auf dem Balkon fand. Sie trug ihn in den vierten Stock hinauf, wo der Lehrer die mit wackeligen Buchstaben geschriebenen Zeilen vorlas.
»Wenn Sie diesen Brief lesen, werde ich nicht mehr unter den Lebenden sein. Herr Lehrer, liebe Tante Irma, verzeihen Sie mir. Ich habe keine andere Wahl. Ich will keine Tulpe mehr sein.«
»Aber was wollte die Ärmste denn sonst sein?« fragte Tante Irma.
»Das schreibt sie nicht«, sagte der pensionierte Lehrer.
»Eine Tulpe!« Tante Irma schüttelte den Kopf. »So was hab ich ja noch nie gehört.«
Gegessen: Abgebräunten Leberkäs mit Spiegelei, Bratkartoffel und Spitzkrautsalat.
Gelesen: siehe oben
Geschafft: Lieblingsnachbar D. machte sich über das E-Mailprogramm und fand nicht die Ursache, aber eine praktikable Lösung: Die Mails öffnen sich jetzt im neuen Tab, nicht im neuen Fenster.
Und schließlich gehört:
Gustav Mahler: Symphonie
Nr. 8 Es-Dur, Niederländischen
Rundfunkchor, Lettischer Staatschor Latvija, Chor des Bayerischen
Rundfunks)
Robert Schumann: Symphonie Nr. 1 B-Dur
Concertgebouw-Orchester Amsterdam, Leitung: Mariss Jansons
Lieber Herr H., ich muss wohl leider richtig stellen, dass der Buchtipp nicht von mir stammt. Schon zugunsten der Person, von der dieser offensichtlich gute Tipp tatsächlich kam.
AntwortenLöschenSo gern ich Ihnen diese Freude bereitet hätte - doch Ehre, wem Ehre gebührt.
Lieben Gruß, Trulla
Ja, es war die M.
AntwortenLöschenAlso: Danke, M.
Oh, wie schön! Wünsche eine gute Lektüre! Der Stempel lässt mich an die Schulleiterfreundin denken...
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