Sonntag, 5. Dezember 2021

Tag 623 und "Keine Lust mehr auf Schulleitung"

... so titelte die SZ im Bayernteil am Wochenende.
65 Ersuche auf Entpflichtung von der Schulleitung lägen dem BLLV vor, dabei melden sich nicht alle Schulleiter*innen, die dieses vorhaben, bei diesem Verband.
In Unterfranken allein sind 16 Schulleitungen unbesetzt, nur bei Grund- und Mittelschulen. Finanzielle Anreize waren es nie, sich um eine Leitungsstelle bei diesen beiden Schularten zu bewerben, das macht so um die 100.-€ monatlich aus. Entweder man will etwas bewegen, einen Teil seiner Visionen verwirklichen oder sich mit Titel und Ansehen (?) schmücken.
Obwohl es sie schon immer gab, hat die Corona-Plage die Rückzugstendenzen stark beflügelt. (H. berichtete 2012 schon über die Kollegin Schöffel aus dem Allgäu, sie war eine der ersten, die ihre Entscheidung öffentlich machte.)

Vor über einem Jahr hatte Söder bereits in einer Pressekonferenz die Kommunikation des Kultusministeriums unter Herrn P .. P.. Pia .., naja, egal, kritisiert. Am späten Freitagnachmittag kamen regelmäßig die Bestimmungen heraus, die am Montagmorgen umzusetzen waren. Es ist immer noch so. Geändert hat sich nichts. (Söders Arm ist ja kurz, was die FW betrifft, das sieht man auch zur Genüge bei seinem Stellvertreter.)

Die Leitungen der Grund- und Mittelschulen, die in der Regel 6-8 Stunden pro Woche für Leitung zur Verfügung haben - der Rest ist ihr Unterricht - müssen das ganze Coronamanagement allein schultern: Kontaktverfolgung, wer muss in Quarantäne, wer saß in welchem Unterricht neben wem, Telefonate mit Ärzten, dem Gesundheitsamt, mit renitenten Eltern, Beruhigung des Kollegiums und der Hausangestellten usw. usf. Die Schulleiterfreundin, die aus diesen Gründen nichts mehr schreiben kann, könnte reihenweise Blogbeiträge zum Thema beitragen (und jetzt am Wochenende muss sie Schnee schaufeln, im Gebirg schneit`s).

Zudem haben sich wichtige Unterstützer zurückgezogen, z. B. die Hertiestiftung mit dem Projekt "Starke Schule". Nachdem fast 20 Jahre lang Schulen in der BRD, die zur Berufsreife führen, an Tagungen und Wettbewerben teilnehmen konnten, wurden die Schwerpunkte der Stiftung auf andere, sicherlich auch wichtige, Bereiche verlegt.
Oder die Stadt München: Einige Jahre organisierte das Schulreferat den "Ganztageskongress" in der Alten Messe. Er schlief ein, innerhalb der Stadt war die Meinung, so etwas ist zu teuer, wird nicht gebraucht. Die Workshops waren jedoch gedrängt voll, honorable Referent*innen hielten Vorträge, die Lehrerschaft von weit und breit und auch aus dem Ausland freute sich auf den Austausch. Fast alle Kooperationspartner für den gebundenen Ganztag in München waren anwesend. Und am Ende wurde der Münchner Schulpreis verliehen.
Ein Besuch bei der damals zuständigen Bürgermeisterin signalisierte das Desinteresse der Politik, am Ganztageskongress wie am Münchner Schulpreis, der 2018 zum letzten Mal vergeben wurde. Noch vor Corona schlief er ein, ebenso wie die von den bepreisten Schulen in Eigeninitiative gegründete "Akademie", die Austausch und Fortbildung auf ihre Fahnen geschrieben hatte, und zwar für alle Schularten innerhalb Münchens, von der Grundschule bis zur BOS, staatlich, städtisch oder privat.

Bildung leidet auf allen Ebenen.

1 Kommentar:

  1. Mein Bruder arbeitet in der Verwaltung eines Gymnasiums mit 1500 Schüler*innen. Angefangen hat er (nach langer Arbeitslosigkeit) als Bibliotheksaushilfe, nun geht er dem Schulleiter in Verwaltungsdingen zur Hand und kümmert sich in dieser Funktion auch um die oben erwähnten, durch Corona nötig gewordenen Zusatztätigkeiten. Träger der Schule ist aber nicht das Land Hessen, sondern die Stadt Wiesbaden und ein Elternverein, insofern scheint es da finanziell etwas günstiger auszusehen.

    AntwortenLöschen

Wenn Sie auf dem Blog kommentieren, werden die eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu finden Sie in der Datenschutzerklärung.